Entzündungen – Abwehrschlachten des Körpers

13.08.2021
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Sie verteidigen den Körper gegen Angriffe von Keimen und schädlichen Reizen, können aber auch selbst zur Bedrohung werden.

 

Rot, heiß, schmerzhaft – bei einer Entzündung scheint die betroffene Körperstelle regelrecht „in Flammen“ zu stehen, so wie es auch der lateinische Begriff Inflammatio (übersetzt: Brand, Anzünden) beschreibt. Entzündungen können praktisch jedes Organ oder Körperteil befallen, relativ harmlos oder lebensgefährlich, akut oder chronisch verlaufen. Aber was steckt eigentlich dahinter?

 

Grundsätzlich ist eine Entzündung keine Krankheit, sondern eine sinnvolle Abwehrreaktion des Immunsystems gegen schädliche Reize (Noxen). Das können zum Beispiel Verletzungen wie Schnitte oder Schürfwunden sein, Strahlung (Sonnenbrand), Hitze, Kälte, Chemikalien oder Krankheitserreger wie Bakterien, Viren und Pilze.

 

Eine Entzündung zeigt sich durch fünf typische Anzeichen: Rötung (med: rubor), Schwellung (tumor), Schmerz (dolor), Überwärmung (calor) und Funktionseinschränkung (functio laesa, z.B. eingeschränkte Beweglichkeit eines entzündeten Gelenks oder behinderte Atmung bei einer Lungenentzündung).

 

Manchmal treten aber auch nicht alle Symptome auf, oder der Verlauf ist sogar „stumm“ und wird zunächst gar nicht bemerkt. Zusätzlich zu den spezifischen Anzeichen können außerdem noch allgemeine Beschwerden kommen, etwa Fieber, Schwäche, Krankheitsgefühl, Veränderungen im Blutbild und Schüttelfrost.

 

Die klassischen Entzündungszeichen sind ein Ausdruck dessen, was im Körper bei der Abwehr des schädlichen Reizes passiert: Zunächst sorgen – nach einer kurzen Phase der Minderdurchblutung – Botenstoffe wie Histamin dafür, dass sich die Blutgefäße an der betroffenen Stelle weiten und so die Durchblutung steigt.

 

Der verstärkte Blutfluss sorgt für die Rötung und Erwärmung. Dazu werden die Gefäßwände durchlässiger, Blutplasma und weiße Blutkörperchen dringen in das Gewebe ein, was die Schwellung bedingt. Durch den Druck der Schwellung und freigesetzte Schmerzmediatoren werden die Nerven gereizt, und es kommt zu Schmerzen.

 

Schwellung und Schmerzen gemeinsam führen zur Funktionseinschränkung. Bei einer „normalen“ akuten Entzündung bekämpfen die eingewanderten Abwehrzellen dann die eingedrungenen Keime oder Schadstoffe, schließlich werden die untergegangenen Zellen „abgeräumt“ und durch gesundes Gewebe oder eine Narbe ersetzt.

 

In der Regel ist nach spätestens zwei Wochen alles wieder gut, ob nun bei einer Erkältung, einem Sonnenbrand oder einem Wespenstich. In schweren Fällen kann sich eine Entzündung aber ausbreiten und lebensgefährlich werden. Sind Bakterien die Ursache, werden dann Antibiotika eingesetzt.


Entzündungen haben viele Gesichter

Je nach Krankheitsverlauf, -ausdehnung und anderen Merkmalen kennen Mediziner verschiedene Einteilungen bei Entzündungen. So können sie zum Beispiel lokal – also auf eine Körperstelle begrenzt – auftreten oder systemisch/generalisiert sein, also den ganzen Körper betreffen. Auch können unterschiedliche Flüssigkeiten, etwa Eiter, austreten.

 

Dazu ist der zeitliche Ablauf ist ein wichtiges Merkmal: Eine akute Entzündung beginnt schnell und heilt meist wie bereits beschrieben wieder aus, sehr schnelle und schwere (tödliche) Verläufe nennt man auch perakut. Kehren die Symptome immer wieder, spricht man von einer rezidivierenden Entzündung, entwickeln sie sich schleichend und/oder halten über unbegrenzte Zeit an, von einer chronischen.

 

Chronische Entzündungen können aus akuten entstehen, wenn der Körper mit der Noxe nicht fertig wird, also den schädlichen Reiz nicht beseitigen kann. Sie heißen dann sekundär chronisch. So können beispielsweise Magengeschwüre, eine Bronchitis oder ein Abszess dauerhafte Probleme bereiten. Die Behandlung gestaltet sich oft langwierig, manchmal muss sogar operiert werden, beispielsweise bei einer chronischen Blinddarmentzündung.

 

Nicht ausgeheilte Infektionen können auch auf andere Organe übergreifen. Das klassische Beispiel ist der banale grippale Infekt: Wird er verschleppt und der Körper zu früh wieder stark belastet – etwa durch schwere Arbeit oder Sport – kann sich eine Herzmuskelentzündung entwickeln, die in schlimmeren Fällen chronisch werden oder zum Tod führen kann.

 

Nicht immer muss aber eine akute Entzündung einer chronischen vorausgegangen sein. So gilt zum Beispiel nach neueren medizinischen Erkenntnissen die Zivilisationskrankheit Nr. 1, „Arterienverkalkung“ oder Arteriosklerose, als entzündungsbedingtes Geschehen, wie Prof. Dr. Michaela Döll in ihrem Buch „Entzündungen – Die heimlichen Killer“ beschreibt.

 

Dabei wird zunächst in den Gefäßwänden befindliches Cholesterin oxidiert und so verändert, dass das Immunsystem auf den Plan gerufen wird. Abwehrzellen strömen zum Ort des Geschehens, um „den Feind“ zu bekämpfen, und die Entzündungsreaktion nimmt ihren Lauf. Nach dem Heilungsprozess bleiben dann veränderte Gefäßwände mit arteriosklerotischen Plaques zurück.


Der eigene Körper als Feind

Eine weitere Form von Entzündungen zeigt sich bei den so genannten Autoimmunerkrankungen, bei denen das Abwehrsystem gesunde, körpereigene Zellen angreift. Dabei können Gewebe und Organe dauerhaft geschädigt oder zerstört werden.

 

Eine häufige chronisch-entzündliche Erkrankung ist etwa Hashimoto Thyreoiditis, bei der das Gewebe der Schilddrüse von einer bestimmten Sorte weißer Blutkörperchen, den T-Lymphozyten, zerstört wird. Dadurch kommt es zu einer chronischen Entzündung und schließlich zu einer Schilddrüsenunterfunktion.

 

Rheuma oder genauer die Rheumatoide Arthritis (RA) ist ebenfalls eine Entzündungserkrankung. Hier sind die Gelenke betroffen, und zwar in der Regel mehrere an beiden Körperhälften gleichzeitig. Schätzungen zufolge sind in Deutschland circa 800.000 Menschen an rheumatoider Arthritis erkrankt, deutlich mehr Frauen als Männer.

 

Tückisch und quälend sind auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Bei beiden handelt es sich um eine in Schüben verlaufende Entzündung der Darmschleimhaut, allerdings ist bei Morbus Crohn der gesamte Verdauungstrakt, besonders der Dünndarm, betroffen, während Colitis ulcerosa auf den Dickdarm beschränkt ist.

 

Die Symptome sind ähnlich: Bauchschmerzen, (blutige) Durchfälle, Gewichtsverlust und Schwäche. Dazu können weitere Beschwerden wie Gelenkentzündungen kommen.

 

Allen diesen Leiden ist gemeinsam, dass die Ursachen schwer zu klären sind. Erbliche Veranlagung spielt wohl eine große Rolle, da die Krankheiten in bestimmten Familien gehäuft auftreten.

 

Dazu können Umweltfaktoren beteiligt sein, sehr ungünstig ist etwa Rauchen, aber auch Schadstoffe und Infektionen begünstigen einen Ausbruch. Eine gesunde Lebensweise mit bewusster Ernährung, Sport und der Vermeidung von Genussgiften ist vorteilhaft, bietet aber keine völlige Sicherheit.

 

Info:

Entzündungswerte im Blut
Ob irgendwo im Körper eine Entzündung stattfindet, lässt sich anhand der so genannten Entzündungszeichen oder Entzündungswerte im Blut feststellen. Hierfür werden meist folgende Untersuchungen durchgeführt:


Kleines Blutbild: Eine geringe Menge Blut wird per Mikroskop und/oder mit einem Analysegerät untersucht und die Konzentration der verschiedenen
Bestandteile (rote und weiße Blutkörperchen, Blutplättchen, Hämoglobin) bestimmt. Eine erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen (Leukozyten) ist ein typisches Entzündungszeichen.


Blutsenkung (Blutsenkungsgeschwindigkeit): Eine Blutprobe wird mit einem gerinnungshemmenden Stoff versetzt und in einem Röhrchen senkrecht aufgestellt. Die Blutkörperchen sinken dann langsam nach unten. Nach einer Stunde, manchmal nochmals nach zwei Stunden, wird abgelesen, wie weit sie abgesunken sind. Da bei Entzündungen die roten Blutkörperchen stärker aneinander haften, sinken sie deutlich schneller ab als bei einem gesunden Patienten.


CRP-Bestimmung: CRP oder C-reaktives Protein ist ein Eiweiß, das bei einer akuten Entzündung von der Leber ausgeschüttet wird und das Immunsystem bei der Abwehr der Noxen unterstützt. Ein hoher CRP-Spiegel kann auf eine Infektion mit Bakterien oder Viren, eine Tumorerkrankung, thrombotische Ereignisse oder Gewebeschäden hinweisen.


Tipp:

Was tun bei Entzündungen?
Akute, lokal begrenzte Entzündungen heilen in der Regel von selbst ab und benötigen keine spezielle Behandlung. Ist ein Fremdkörper (etwa ein Splitter) der Auslöser, sollte er entfernt werden.

 

Unterstützen lässt sich die Heilung oft mit Hausmitteln oder rezeptfreien Medikamenten. So wird einigen Heilpflanzen, wie Arnika, Kamille, Lindenblüten, Ringelblume und Sonnenhut entzündungshemmende Wirkung zugesprochen, sie können etwa in Umschlägen, als Salbe oder Tee verwendet werden.

 

Für die Haut gibt es auch Salben mit Zinkoxid, außerdem können nichtsteroidale Entzündungshemmer (Antiphlogistika) wie Ibuprofen und Diclofenac zum Einsatz kommen. Beratung dazu gibt es beim Hausarzt oder in der Apotheke.

 

Bei Ausbreitung, Verschlimmerung und ausbleibender Besserung einer Entzündung sollte man immer einen Arzt aufsuchen. Dieser kann eine genaue Diagnose stellen und die entsprechende Behandlung einleiten. So werden beispielsweise bei bakteriellen Infektionen Antibiotika verordnet, wenn der Körper sie nicht selbst in den Griff bekommt.

 

Chronische Entzündungen müssen individuell und meist mit mehreren Ansätzen behandelt werden. Hier wird häufig auch der Einsatz von Kortison erforderlich, dazu können weitere Medikamente, Physiotherapie, Wärme-/Kälteanwendungen, Bäder, Ernährungsberatung und viele andere Therapiemöglichkeiten kommen. Letztlich muss jeder Patient gemeinsam mit den behandelnden Ärzten herausfinden, was für ihn am besten funktioniert.

 

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Redaktion: © Praxiswunder
Foto: fizkes – Getty Images