Schutz vor freien Radikalen

03.12.2021
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Beim Thema Gesundheit kommt heute keiner mehr an ihnen vorbei: Freie Radikale sind in aller Munde, denn sie können wichtige Zellbausteine zerstören und stehen im Verdacht, Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer zu fördern. Doch wie gefährlich sind sie wirklich, und wie kann sich der Körper vor ihnen schützen?

 

Um zu verstehen, was freie Radikale in Körperzellen so besonders und potentiell gefährlich macht, muss man ein klein wenig in die Chemie eintauchen. Dort steht die Bezeichnung Radikal für ein Atom oder Molekülbruchstück, das ein ungepaartes Elektron besitzt.

 

Da chemische Verbindungen in der Regel nur mit vollständigen Elektronenpaaren stabil sind, streben Radikale sehr stark danach, anderen Stoffen ein Elektron zu entreißen oder sich mit einem anderen Radikal zu verbinden. Sie sind also extrem reaktiv. Dabei können regelrechte Kettenreaktionen entstehen, wenn bei der Reaktion neue Radikale entstehen, die dann ebenfalls andere Stoffe angreifen.

 

In Körperzellen entstehen freie Radikale regelmäßig auf natürlichem Wege während des Stoffwechsels. Meist handelt es sich um Sauerstoffradikale, die bei der „Verbrennung“ der Nahrungsbestandteile zu Kohlendioxid und Wasser entstehen. Denn wie in jedem natürlichen Prozess kommen auch hier immer wieder kleine Fehler vor, so dass sich gelegentlich statt Wasser freie Sauerstoffradikale bilden.

 

Diese können dann zum Beispiel mit der DNA (Erbsubstanz), den Zellwänden oder wichtigen Enzymen reagieren und sie so beschädigen und in ihrer Funktion einschränken. Mit der Zeit summieren sich diese Schäden und können zahlreiche negative Auswirkungen haben. So stellte bereits 1956 der US-Wissenschaftler Denham Harman die Theorie auf, dass freie Radikale die Ursache des Alterns sind.

 

Zumindest teilweise hat sich das in späteren Untersuchungen bestätigt. Außerdem werden freie Radikale heute als Mitverursacher zahlreicher Krankheiten angesehen, etwa Arterienverkalkung, Krebs, Alzheimer, Diabetes Typ 2, Parkinson, Rheuma und alterstypischen

Augenerkrankungen.


Freie Radikale haben auch gute Seiten

Wie fast alles im Leben haben aber auch die freien Radikale zwei Seiten. Denn sie sind nicht nur die „Bösen“, die heile Zellen kaputt machen, sondern stehen oft auch auf der „guten“ Seite. So helfen sie beim Abbau von Stoffwechselmüll und dienen dem Immunsystem beim Kampf gegen Bakterien und entartete Zellen.

 

Forscher um David Tuveson vom Cancer Research Institute in Cambridge haben beispielsweise herausgefunden, dass freie Radikale das Wachstum von Krebszellen hemmen können.

 

Für eine gute Gesundheit kommt es deshalb nicht darauf an, die reaktiven Sauerstoffmoleküle gänzlich zu eliminieren, sondern den Körper dabei zu unterstützen, Bildung und Abbau in einem natürlichen Gleichgewicht zu halten.

 

Normalerweise ist er dafür auch gut gerüstet, weil sich sauerstoffatmende Lebewesen seit Urzeiten an das Vorkommen der freien Radikale angepasst haben. So gibt es auch im menschlichen Körper ein ausgeklügeltes Schutzsystem, das vor ihren negativen Wirkungen schützen kann.


Antioxidantien als Gegenspieler der Radikale

In diesem Schutzsystem spielen verschiedene Stoffe zusammen, die als Antioxidantien bezeichnet werden und freie Radikale abfangen oder neutralisieren können. Dazu gehören zum Beispiel der Eiweißbaustein Gluthathion sowie Enzyme wie die Glutathionperoxidase, die Superoxiddismutase und die Katalase.

 

Für ihre Bildung und Funktion werden Spurenelemente wie Selen, Kupfer, Mangan und Zink benötigt, die deshalb ausreichend mit der Nahrung aufgenommen werden sollten.

 

Von außen zugeführt werden müssen auch andere wichtige Antioxidantien, wie etwa die Vitamine C und E. Sekundäre Pflanzenstoffe wie Carotinoide und Polyphenole schützen ebenfalls vor der oxidativen Schädigung. Polyphenole kommen etwa in roten Trauben, Rotwein, Tee, Soja, Kakao und Granatapfel reichlich vor, Carotinoide in Möhren, Aprikosen, Paprika, Spinat und Grünkohl.

 

Generell sind fast alle Obst- und Gemüsesorten gute Lieferanten von Antioxidantien. Kommt es trotz der diversen Abwehrreihen zu Schäden in den Zellen, greifen spezielle Reparaturmechanismen, die zum Beispiel Schäden in der DNA (Erbsubstanz) beheben oder kaputte Proteine abbauen können.


Oxidativer Stress durch schädliche Umweltfaktoren

Wenn aber der Körper über so viele gute Abwehrmechanismen gegen die freien Radikale verfügt und sie sogar nützliche Funktionen haben, wo liegt dann das Problem? Nun, oft liegt es in unserer Lebensweise begründet.

 

Freie Radikale entstehen nämlich nicht nur durch die natürlichen Stoffwechselvorgänge, sondern auch durch Einflüsse von außen. Nehmen diese Einflüsse überhand, gerät der Stoffwechsel in Schieflage, weil viel mehr Radikale gebildet werden, als abgebaut werden können. Man spricht dann von oxidativem Stress.

 

Eine besonders gefährliche Quelle für die schädlichen Moleküle ist etwa der Tabakrauch. Schon bei einem einzigen Zug an einer Zigarette sollen circa 100 Billionen Sauerstoffradikale erzeugt werden.

 

Kein Wunder, dass das Rauchen als eine der schädlichsten Angewohnheiten überhaupt gilt und zahlreiche schwere Krankheiten wie Krebs oder Herzinfarkt begünstigt. Besonders für die Haut gefährlich sind dagegen UV-Strahlen, etwa bei ausgiebigen Sonnenbädern oder Solarienbesuchen.

 

Umweltgifte wie Autoabgase, Schwermetalle und Pestizide, Elektrosmog, Alkohol und Röntgenstrahlung verursachen ebenfalls ein Übermaß an Radikalen. Selbst der als gesund geltende Sport kann in der Hochleistungsvariante ebenso wie schwere körperliche Arbeit oxidativen Stress auslösen.


Wichtig: eine vielseitige Ernährung mit viel Obst und Gemüse

Nicht zuletzt spielt auch die Ernährung eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Vermeidung von oxidativem Stress. Denn wie bereits erklärt, müssen viele Spurenelemente und Antioxidantien mit der Nahrung aufgenommen werden.

 

Eine abwechslungsreiche, ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse, pflanzlichen Ölen, Fisch und Milchprodukten versorgt den Körper mit allem, was er braucht. Die hochdosierte Zufuhr von isolierten Antioxidantien wie Vitamin C und E hat sich dagegen Studien zufolge als kontraproduktiv erwiesen.

 

Wer einen Mangel an bestimmten Vitalstoffen bei sich vermutet, sollte dies deshalb diagnostisch abklären lassen und dann in Absprache mit dem Arzt klären, ob und in welcher Dosierung Nahrungsergänzungen sinnvoll sind.


Tipp: Leckere Radikalfänger

Viel Obst und Gemüse zu essen, ist eine prima Strategie gegen eine Überbelastung mit freien Radikalen. Denn pflanzliche Lebensmittel enthalten oft besonders viele Antioxidantien, die den Körper bei der Abwehr von oxidativem Stress unterstützen.

 

Die US-amerikanische Landwirtschaftsbehörde hat Zahlen veröffentlicht, welche die antioxidative Kraft verschiedener Lebensmittel, den so genannten ORAC-Wert, in einer jeweils typischen Portion angeben. Dabei liegen neben dunkler Schokolade und Rotwein verschiedene Obst-, Gemüse- und Nusssorten ganz weit vorn.

 

Zu den Spitzenreitern gehört etwa der beliebte und bei uns ganzjährig verfügbare Apfel, wobei besonders die Sorten Red Delicious und Granny Smith mit ihrer Radikalfänger-Power beeindrucken, gefolgt von Gala und Golden Delicious. Grund genug also, sich den berühmten „Apfel am Tag“ zu gönnen. Allerdings sollte man ihn lieber mit Schale verzehren, da diese einen großen Anteil der gesunden Stoffe enthält.

 

Einen hohen ORAC-Wert haben auch viele dunkler gefärbte Obstsorten, wie Holunderbeeren, Granatäpfel (lecker als Saft), Pflaumen, Cranberries und Blaubeeren. Von den blasseren Sorten können Birnen punkten, auch Nüsse (hier Pecannüsse) und Artischocken schneiden besonders gut ab. Es gibt also viele leckere Möglichkeiten, seinen Körper im Kampf gegen freie Radikale auf natürliche Weise zu unterstützen. Guten Appetit!

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Redaktion: © Praxiswunder
Foto: wernerimages – Getty Images